Das ungarische Zackelschaf (Magyar racka juh, oder lateinisch: Ovis aries strepsiceros Hungaricus) ist eine über 1000 Jahre alte, heute seltene und geschützte Nutztierrasse, die bereits 1903 als vom Aussterben bedroht galt. Zudem ist es die letzte noch erhaltene Rasse mit korkenzieherförmigen Schraubenhörnern, die wahrscheinlich durch eine Mutation entstanden sind und sich dann in der biologischen Selektion durchgesetzt haben. Weltweit gibt es nur noch rund 3500 Tiere, in Deutschland sind es nur wenige hundert Exemplare. Besonders selten sind schwarze Zackelschafe, zu denen auch das Hummelchen gehört.
Als Hummelchen , "unser" ungarisches Zackelschaf, im Spätherbst 2011 zum ersten Mal zu uns in die Praxis kam, war sie mehr tot als lebendig. Sie hatte ein gebrochenes Hinterbein, war zu schwach, um auch nur ihren Kopf zu heben, denn sie war dem Hungertod näher als dem Leben, ja im wahrsten Sinne des Wortes war sie nur noch Haut und Knochen und zudem stank ihre Wolle erbärmlich nach Jauche. Ein Bauer aus der Umgebung hatte das Tier völlig verwahrlosen lassen. Erst als der Tod nahe war, entschloss er sich endlich, Hilfe zu holen. Er rief Frau Jaeschke vom Ponyhof Lichterfelde an, die das Tier ohne zu zögern sofort in ihre Obhut nahm. So kam Hummelchen zu uns, denn wir betreuen die kleineren Tiere des Ponyhofes schon seit Jahren. Nur wegen der schnellen Hilfe, die ihr durch Frau Jaeschke und "Gitti" Gawron, der Lämmer-Mama vom Ponyclub Lichterfelde, zu Teil wurde, konnte sie überhaupt überleben.
Mit literweise Infusionslösung und der Verabreichung eines zur Rekonvaleszenz dienenden Breis erwachte in dem jungen Schaf nach einigen Tagen wieder neuer Lebensmut. Das Infundieren gestaltete sich in den ersten Tagen reichlich schwierig, da die Haut durch die ungenügende Wasseraufnahme so fest am darunter liegenden Gewebe haftete, dass man sie nicht einmal anheben konnte, um die Kanüle für die Flüssigkeitsgabe zu platzieren. Trotz der allgemeinen Besserung ihres Zustandes brauchte Hummelchen noch immer intensive Betreuung, die sie von Gitti Gawron auch bekam. Mit zunehmendem Wohlbefinden kam auch ihr Appetit wieder und damit auch Kraft und Lebenswille.
Jetzt, nachdem sie über das Gröbste hinweg war, konnte sie endlich gebadet werden und wurde so ihren Gestank los, der auch ihr sichtlich unangenehm war. Mit jedem Tag, den Hummelchen mehr zu Kräften kam, eroberte sie sich auch mehr und mehr unser aller Herz. Anfangs wurde Hummelchen noch zweimal täglich zu uns gebracht, dann nur noch einmal täglich und die Abstände wurden nun immer größer, bis sie schließlich gar nicht mehr kommen musste. „Geheilt entlassen“, schrieb Frau Dr. in ihre Krankenakte, denn sie war nun endlich, wie man so schön sagt, über den Berg.
Kurz vor Weihnachten kam uns Hummelchen, jetzt selbst laufend, samt Begleitung besuchen. Freudig und gleichzeitig erstaunt über die enormen Fortschritte, die das Schäfchen gemacht hat, knuddelten wir das mittlerweile frech gewordene Wollknäuel durch, sodass man fast fürchten musste, es bekomme eine Gehirnerschütterung. Heute lebt Hummelchen glücklich und zufrieden zusammen mit anderen Schafen auf dem Ponyhof in Lichterfelde.
Wir danken Susi für diesen Artikel.
Tierarztpraxis Dr. Renate Lorenz
Oberhofer Weg 68(030) 711 63 57